St.Galler Tagblatt

Ruf aus Las Vegas

Acapickels gastieren mit dem Tourneetheater «Das Zelt» auf der Kreuzbleiche
St. Gallen. Die berühmte Frauen-WG ist völlig aus dem Häuschen. Endlich stehen die Acapickels vordem grossen Durchbruch: Ein Angebot aus Las Vegas ist ins Haus geflattert.

Die vier Frauen in den besten Jahren sollen eine Show im neu eröffneten «Swiss Heidi Hotel» bestreiten und sind eifrig mit Vorbereitungen beschäftigt. «Acapickels and Orchestra go to Las Vegas» heisst die Abschiedstournee, mit der sich die Kabarettistinnen Regula Esposito, alias Helga Schneider, Jasmin Clamor, alias Lotti Stäubli, Fritz Bisenz als Barbara Hutzenlaub und Denise Geiser als Juliette Blamage nach 15 Jahren vom Publikum verabschieden. Unter dem Dach von «Das Zelt» sind sie auf Schweiz-Tournee.

Der Programmauftakt gleicht einem Feuerwerk. Die vier Junggesellinnen empfangen das Publikum im Trachtenkleid samt Talerschwingen und Melkstuhl. Die Beschreibung ihres zukünftigen Arbeitsortes in Las Vegas gehört zu den Höhepunkten des Programms: eine treffende Parodie auf die Vorliebe der Amerikaner für Themenparks. In atemberaubendem Tempo jagt eine Pointe die andere. Es mangelt nicht an satirisch-bissigen Seitenhieben und Anspielungen auf die aktuelle schweizerische Politszene.

Trachtenfrau wird Diva
Die einzig wahre «Heart-Chor Band» hat für den Karrieresprung über den grossen Teich erstmals nach Verstärkung gesucht. Ein Tanzorchester sollte es sein. Das knapp bemessene Budget zwang die vier Ladys zwar dazu, sich auf ein Trio zu beschränken. Dieses setzt sich aber ausschliesslich aus Vertretern des männlichen Geschlechts zusammen.

Auch mit ihren Kostümwechseln überraschen die Acapickels. So verwandeln sie sich mit wenigen Handgriffen von Trachtenfrauen zu Bollywood-Diven. Der Grund für diesen Abstecher nach Indien ist zwar nicht ganz nachvollziehbar, aber amüsant. Dies ist auch eine der Schwächen der ganzen Produktion. Ob der Vielfalt der angeschnittenen Themen und dem Tempo, mit dem die Acapickels von einem Musikstil zum nächsten wechseln, geht der rote Faden des Öfteren verloren. Auch findet der furiose Auftakt im zweiten Programmteil leider keine Fortsetzung. Die Acapickels bieten zwar ein abendfüllendes Programm, in der Kürze hätte aber mehr Würze gelegen. Immer wieder amüsant sind die Erfahrungsberichte, die das Quartett aus dem Alltag als Junggesellinnen in den besten Jahren bietet.

Blütenweisse Damenbinden
Es geht um unerreichbare Schönheitsideale, um unerreichbare Traumprinzen, um Wallungen und Wechseljahre. Damenbinden spielen als Running Gag eine nicht zu vernachlässigende Nebenrolle. Etwa wenn Lotti Stäubli Mutter Helvetia mimt, und auf dem improvisierten Schild – dem Becken des Schlagzeugers – damit das Schweizerkreuz markiert. Oder wenn Helga Schneider – die alles andere als «waschechte» St. Gallerin – ihren Glanzauftritt am Ende des Abends als Braut in Weiss hat und deren Brautkleid beim genaueren Hinschauen aus blütenweissen Damenbinden mit dazugehörigem Kopfputz aus Tampons besteht.

Weitere Aufführungen: Heute Mo, Di und Mi, Kreuzbleiche, je 20 Uhr

Erschienen im St. Galler Tagblatt am 04.09.2006