St.Galler Tagblatt

Swiftli liebt den Blues

Mit «Swiftli spielt den Hardtimeblues» präsentiert Peter Rinderknecht Kleinkunst vom Feinsten in der Kellerbühne. Eine durch und durch stimmige Produktion.

Von Christina Genova

Swiftli Baumgartner liebt den Blues, und wenn er seine Elektrogitarre zur Hand nimmt, spürt man den Groove. Schon als Kind war der Daily Blues Minnesota sein bevorzugter Sender. Von seinen Eltern kam nicht viel Verständnis für seine Vorliebe. Der Vater, ein Metzger, hörte lieber Nachrichten, seine Mutter, die fromme Marie, Gregorianik und Udo. Dennoch versuchte Swiftli, seine Träume wenigstens im kleinen zu verwirklichen. Mit 18 beschaffte er sich eine Gitarre, gründet er eine Band, und er wird Mitglied der freiwilligen Feuerwehr – weil in seinen Ohren nichts schöner klingt als das Tatütata der Sirene. Nun hat er für ein ultimatives Konzert ein altes Kino gemietet. Aber vorerst scheint, wie so oft in seinem Leben, einiges schiefzugehen: Die Band kommt zu spät, das Publikum erscheint nur spärlich, und auch die Technik gehört nicht zu Swiftlis Stärken. Anders, als es sein Name vermuten lässt, ist Swiftli alles andere als schnell. Er ist ein Träumer, ein Tolpatsch, der mit seinem Teilzeitjob als Nachtwächter gerade so über die Runden kommt.

Virtuoser Geschichtenerzähler
Als Erzähler führt Swiftlis Schutzengel, alias Peter Rinderknecht, durch die Geschichte. Nach seinem Auftritt im Sommer als Bänkelsänger in der Open- Opera-Produktion «Die Weberschen» ist Rinderknecht für seine Einmannproduktion in St. Gallen zurück. Der erfahrene Schauspieler erzählt im Solo-Stück (Regie Beatrix Bühler) mit viel Witz eine skurrile, verwinkelte Geschichte um einen kauzigen Typen. Man lässt sich gerne darauf ein, denn Rinderknecht ist ein virtuoser Geschichtenerzähler.

Zwar verlangt Peter Rinderknecht viel von seinem Publikum: Er wirft die Zuschauer von Beginn weg mitten hinein in eine versponnene Handlung. Viele offene Fragen klären sich erst gegen Ende der knapp einstündigen Vorstellung. Aber der Schauspieler tut viel dafür, um sein Publikum bei der Stange zu halten: Seine Präsenz und Ausstrahlung auf der Bühne ist enorm, seine Spielfreude wirkt ansteckend. Und wenn er zur Elektrogitarre greift und mit seiner rauchigen Stimme und unnachahmlichen Mimik feinste Bluesnummern zum besten gibt, dann hat er das Publikum endgültig im Sack. Mit derart viel Begeisterung präsentiert, würde man ihm wohl noch so manche andere seltsame Geschichte abkaufen. Der gute Sound ist nicht etwa dem Zufall, sondern Res Wepfer zu verdanken, den Peter Rinderknecht von seinen Zeiten als Bassist und Sänger des Pfannestil Chammer Sexdeet her kennt.

Jähes Ende mit Brandalarm
Für Swiftli wendet sich dann trotzdem noch alles zum Guten, wenn auch ohne Happy-End. Die Band trifft ein und mit dem Reisebus 22 Mönche, Gregorianik vermischt sich mit Blues. Die siebzehn Besucher im alten Kino schweben im siebten Himmel und werden den Abend wohl nie mehr vergessen. Durch das Piepsen des Pagers findet das Konzert zumindest für Swiftli ein jähes Ende, die Pflicht ruft, er muss zu einem Feuerwehreinsatz, und diesmal kann ihn auch sein Schutzengel nicht retten…

Heute Fr und morgen Sa, Kellerbühne St. Gallen, je 20 Uhr

Erschienen im St. Galler Tagblatt am 14.11.2008