Ute Hoffmann spielt im Keller der Rose das bekannte, zeitlose Ein-Frauen-Stück «Shirley Valentine oder Die Heilige Johanna der Einbauküche».
Von Christina Genova
Shirley Bradshaw, geborene Valentine, und ihr Mann Joe haben sich nicht mehr viel zu sagen. Ihnen ist das passiert, was die meisten Paare als Grund für ihre Trennung angeben – sie haben sich auseinandergelebt. Ausdruck der Einsamkeit in der Zweisamkeit sind die Zwiegespräche, die Shirley mit der Küchenwand hält.
Vor mehr als 20 Jahren feierte die Komödie «Shirley Valentine» von Willy Russell in Liverpool Premiere. Das erfolgreiche Bühnenstück wurde 1989 verfilmt, hat mehrere Preise gewonnen und am Broadway aufgeführt. Die in Bad Ragaz wohnhafte Ute Hoffmann, die ursprünglich aus der Nähe von Stuttgart stammt, bringt es in einer schwäbischen Dialektfassung zur Aufführung und zeigt, wie aktuell der Stoff noch ist. Premiere des Stückes unter der Regie der Theaterpädagogin Romy Forlin war Anfang letzten Jahres in Mels. Nach Aufführungen auf diversen Kleinbühnen der Ostschweiz, Süddeutschlands und in Vorarlberg macht «Shirley Valentine» nun halt im Keller der Rose.
Schauspielerin und Hausfrau
Die One-Woman-Show um eine Hausfrau mittleren Alters ist Ute Hoffmann wie auf den Leib geschnitten. Die Schauspielerin kennt Freuden und Leiden einer Hausfrau und Mutter. Die dreifache Mutter hat über das Laientheater ihre Liebe zur Schauspielerei entdeckt. Anders als ihre Bühnenfigur wird sie aber von ihrem Mann bei der Verwirklichung ihres Traums tatkräftig unterstützt; so zeichnet er zum Beispiel für das Bühnenbild verantwortlich.
Ernüchtert, aber ohne Verbitterung und mit viel Galgenhumor zieht Shirley Bilanz: Die Kinder sind mittlerweile ausgeflogen, sie aber hat den Absprung aus einem Leben, das sie so eigentlich nie gewollt hat, verpasst. Traurig stellt sie fest: «Ich habe Angst, keinen Platz mehr zu finden im Leben jenseits der Wand.» Shirley schaut zurück auf all die verpassten Chancen und erinnert sich an die Träume, die sie hatte. Schliesslich gibt sie sich einen Ruck, bricht aus ihrem Alltag aus und macht sich auf «ins Land jenseits der Wand».
Mit Witz und Gefühl
Dort wird ihr klar, dass eine Rückkehr in ihr altes Leben ausgeschlossen ist, denn: «Warum hat man dieses Leben, wenn man keinen Gebrauch davon macht? Warum hat man all diese Gefühle, Träume und Hoffnungen, wenn sie sich nicht erfüllen?»
Ute Hoffmann erzählt mit Spielfreude und -witz eine zeitlose Geschichte um Entfremdung und Emanzipation. Ihr Spiel hat so viel Power, dass man ihr das ursprünglich brave Hausmütterchen kaum abnimmt. Manchmal eine Spur zu theatralisch, doch mit viel Lust an der Provokation scheut sie sich nicht, Gefühle zu zeigen und bleibt immer nah am Publikum.
Vorstellungen: heute Mi sowie So 25.10., Keller der Rose, Gallusstr. 18, St. Gallen, jeweils 20 Uhr
Erschienen im St. Galler Tagblatt am 22.10.2008