St.Galler Tagblatt

Würfelspiele

Die Ausstellung «Spiel-Art» in der Galerie Werkart
St. Gallen. Nicht Brot und Spiele, sondern Kunst und Spiele versprechen die beiden St. Galler Künstlerinnen Doris Bentele und Marietta Widmer in ihrer ersten gemeinsamen Ausstellung in der Galerie Werkart.

«Spiel-Art» lautet der Titel der ersten Ausstellung in der Galerie Werkart nach der Sommerpause – und zu sehen gibt es dort reichlich verspielte Kunst. Die Werke der beiden Frauen laden dazu ein, in spielerischer Weise verändert zu werden. Möglich wird dies, weil ein grosser Teil der ausgestellten Arbeiten nach dem Baukastenprinzip aufgebaut ist. Grösstmögliche Flexibilität erzielten die Künstlerinnen, indem sie Magnete als Befestigungssystem wählten.

Kennengelernt haben sich Doris Bentele und Marietta Widmer vor sechs Jahren, im Kurs Farbe-Form-Raum an der Schule für Gestaltung in St. Gallen. Trotz zwanzig Jahren Altersunterschied verstanden sich die beiden Frauen bestens. Bald schon bezogen sie ein gemeinsames Atelier in Horn. Diese Arbeitsgemeinschaft trägt nun erstmals in einer gemeinsamen Ausstellung Früchte und zeugt von einem ebenso fruchtbaren Neben- wie Miteinander.

Inspirierende Unterwasserwelt
Ein verbindendes Gestaltungskonzept wurde ausgearbeitet: Gemeinsam ist den ausgestellten Werken nicht nur die verspielte Wandelbarkeit und eine erfrischende Farbenpracht, sondern als dritter gemeinsamer Nenner das Quadrat beziehungsweise der Würfel.

Entstanden ist eine Ausstellung wie aus einem Guss, abgestimmt auf die Räumlichkeiten der Galerie. Auf den Werken von Marietta Widmer, der jüngeren der beiden Künstlerinnen, tummeln sich Fische in allen Farben und Formen. Die bunte Unterwasserwelt des Roten Meeres hat es der Hobbytaucherin angetan.

Zu den Fischen gesellen sich seltsame Buchstabenkombinationen, geheimnisvolle Wortspiele. Des Rätsels Lösung: es sind die lateinischen Bezeichnungen der Fische. Ihr Pixelbild besteht aus 24 mal 24 bunten Holzquadraten. Dass darauf ebenfalls Fische zu sehen sind, erschliesst sich aber nicht auf den ersten Blick. Man muss dafür erst einige Schritte zurücktreten, denn dem Werk liegt eine gerasterte Fotografie zugrunde. Danach hat die Künstlerin in einer Fleissarbeit für jedes Rasterquadrat die passende Farbe gemischt und auf die entsprechenden Quadrate aufgetragen. Da diese auf der Rückseite mit Magneten versehen sind, ergeben sich beim Verschieben immer neue Farb- und Bildkompositionen.

Sudoku mit Farben
Doris Bentele hingegen hat sich mehr der geometrisch-konstruktiven Kunst verschrieben. Ihr Ziel ist es, Farbe in möglichst klare Formen zu bringen. Reduktion und Abstraktion, Rückbesinnung auf das Grundsätzliche in der Malerei, dies sind ihre Themen. So spielt die Farbenlehre in ihren Werken eine wichtige Rolle.

Platz daneben hat aber auch das spielerische Element. So hat sie ein Sudoku geschaffen, bei dem Farben, statt Zahlen gefragt sind. Mit dem Zufall spielte sie bei einem andern Bild: Nach dem Losprinzip hat sie 625 Quadraten eine Palette von 25 Farben zugeteilt.

Auch Doris Bentele ist in dieser Ausstellung mit einer Fleissarbeit vertreten: Ihr Werk «little boxes» besteht aus unzähligen kleinen Schachteln, die sie aus bunten Zeitschriftenseiten gefaltet und nach Farben geordnet hat.

Gleich beim Eingang zur Galerie empfängt einen die Arbeit «Metamorphose», eines von drei gemeinsamen Werken. Ein bunter Fischschwarm transformiert sich in geometrische Farbflächen. Im gemeinsamen Austausch und in der Bezugnahme aufeinander haben Doris Bentele und Marietta Widmer sich weiterentwickelt und eine Verdichtung ihrer Werke erzielt. Sie haben es geschafft, die eigenen Stärken zu synthetisieren und daraus gemeinsam Neues zu schaffen.

Galerie Werkart, So-Apéro am 26.8., ab 12 Uhr; Finissage 1.9., ab 14 Uhr

Erschienen im St. Galler Tagblatt am 17.08.2007